Eifeler Brauchtum
Der Schöf-, Hütten- oder Burgsonntag
Der Begriff „Schöfsonndisch“ leitet sich von dem früher in der Eifel gebräuchlichen Wort Schoof, = ein Bund Stroh, ab.
Dieser wird am ersten Sonntag der Fastenzeit begangen. Hierzu werden an vielen Orten von der Dorfjugend auf einer Anhöhe aus Holz und Stroh errichtete, sogenannte Hütten oder Burgen, nach Einbruch der Dunkelheit abgebrannt. Diese haben bisweilen die Form eines Kreuzes. Das Verbrennen einer aus Stroh gebundenen Puppe symbolisiert auch das Vertreiben des Winters.
An manchen Orten wird ein mit Stroh durchflochtenes und umwickeltes Rad von einem Berg zu Tal gerollt. Die begleitenden Rituale sind allerorts verschieden. Diese Tradition wurde, wie durch folgendes Zitat belegt, auch in Gerolstein ausgeübt.
„Am 1. Sonntag in der Fastenzeit, „Scheiben-Sonntag“ genannt, wurde in Gerolstein vom Leutschfelder Berge, welcher jenseits der Kyll und dem Orte gegenüber liegt, ein Rad herabgerollt. Die Schulkinder „heischten“am Nachmittage dieses Tages, nach Beendigung des Gottesdienstes, im Orte das Stroh, wobei sie sangen:
„Dir – li – löwgen,
Get mir e kle Schöfchen,
So dick wie e Perdsleif,
Bis Johr git et Koor reif.“
Der Ehemann, welcher sich zuletzt verheirathet hatte, mußte das Rad stellen. Daßselbe wurde auf der mittleren Burgwiesegeflochten und zwar so stark, daß es mit drei Pferden den Berg hinauf geschleppt werden mußte. Bei Einbruch der Nacht zog das männliche Jungvolk unter Begleitung von Musikanten auf den angegebenen Berg und zündete das Rad an. Dann tanzten die Bursche im Kreise um das Rad und ließen es hierauf den Berg hinabrollen. Zwei Bursche folgten demselben mit Hebeln nach, um es, wenn es liegen bleiben wollte, wieder in Bewegung zu setzen. War des Rad in dem Kyllfluß angelangt, so wurde es gelöscht, damit es nicht verbrennen sollte; denn wenn das geschah, mußten die Bursche es bezahlen.
Jedes Mädchen des Ortes hatte an diesem Tage ein Stück Backwerk bereitet und dabei gewetteifert, das beste Stück aufweisen zu können. Das Backwerk wurde während der Zeit, wo das Rad gerollt wurde, in den Schulsaal zusammengebracht und hierauf gingen alle Mädchen, die früher „v e r s t e i g e r t“ worden waren, an den Sauerbrunnen, um da der Bursche zu harren. Hierauf begab sich jedes mit seinem Burschen in den Schulsaal, wo bei Tanz das Gelag verzehrt wurde. Der Erlös der Mädchenversteigerung wurde zum Ankauf von Wein verwendet. Mädchenvom 18. Jahre an kamen nur zu dieser Belustigung. Dieselbe währte drei Tage, nämlich von Sonntags bis Mittwochs. An letzterm Tage, des Vormittags nach beendigtem Gottesdienste, fand ein Zug durch den Flecken Statt. Mehrere Bursche liefen dem Zuge voran, welche einen Knochen oder eine Kuhklaue in der einen Hand und in der andern einen Kuchenwender hatten. Sie ließen die Leute an den Knochen riechen und forderten eine Steuer, mit dem Kuchenwender aber machten sie die Zuschauer zur Belustigung schwarz. Andere trugen einen Eimer mit Wasser in der Hand, worin sie einen Strohwisch tauchten und die Zuschauer benetzten. Nachdem der Zug durch den Ort vollendet war, hielt Einer eine Rede an die Versammelten und damit waren die Fastnachtslustbarkeiten beschlossen.
Zitat aus „Sitten und Bräuche, Lieder, Sprüchwörter und Räthsel des Eifler Volkes, nebst einem Idiotikon“, von J. H. Schmitz, Seite 24, Trier 1856
- heischen entspricht betteln
- Leutschfelder Berge hat heute den Flurnamen Leutersfeld.
Das gesungene Gedicht würde heute etwa so lauten:
Ihr lieben armen Leutchen,
Gebt mir ein kleines Bund Stroh,
So dick wie ein Pferdeleib,
Im nächsten Jahr wirds Korn reif.
Danach ist keine Erwähnung dieses Brauches in Gerolstein mehr bekannt. Dies lässt vermuten, dass er in den 1860er Jahren mit dem Bau der Eisenbahn Trier – Köln zum Erliegen kam, da deren Trasse den Laufweg des Rades kreuzte.
01.02.2025
Peter Horsch jun.
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