Herr Michels, sie stammen aus Esch, entstand dort schon die Liebe für den Wald?
Ewald Michels: Ich bin auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in der Gemeinde Esch aufgewachsen und lernte so relativ früh die wesentlichen Merkmale der Urproduktion, in Abhängigkeit von den Naturelementen, kennen. Die Arbeit in der freien Natur ließ mich den Jahreszeitenzyklus intensiv erleben und bewundern. Dabei war die Beziehung zum Wald das zentrale Element des landwirtschaftlichen Lebens. Intensiviert durch die frühe Arbeit mit Rückepferden im eigenen und öffentlichen Wald, sowie bedeutender Erlebnisse in der freien Natur, waren wesentliche Meilensteine des weiteren Lebensweges vorgegeben.
Wie führte der Weg zum Forstrevier Gerolstein?
Ewald Michels: Nach Abschluss der allgemeinen Hochschulreife und Wehrdienst bei der Bundeswehr, absolvierte ich erfolgreich mein Studium als Diplom-Forstingenieur an der Fachhochschule der Forstwirtschaft in Rottenburg am Neckar. Im Anschluss übernahm ich unmittelbar für 10 Jahre die Privatwaldbetreuung der damaligen Forstämter Daun und Salmwald. 1994 wechselte ich in das Forstamt Gerolstein zur Übernahme des Forstrevieres Gerolstein, in dem ich bis jetzt tätig bin.
Welchen Aufgaben mussten Sie sich stellen?
Ewald Michels: Die Aufgaben als Revierleiter eines so vielfältigen Forstrevieres erfordern ein hohes Maß an Selbstständigkeit und Entscheidungsbereitschaft. Auf der einen Seite stehen Aufgabenplanung- und Vorbereitung, Auswahl der Ressourcen, Gefährdungsanalysen mit Arbeitsaufträgen und auf der anderen Seite Aufgaben- und sicherheitstechnische Überwachung sowie Abrechnung. Hier steht die ganzheitliche Betrachtung verschiedenster Arbeitsprojekte im Vordergrund. Diese erstrecken sich im Stadtwald Gerolstein auch auf Bereiche außerhalb des Waldes, wie Kernstadt, Stadtteile, Naturschutzgebiet, Kyllaue, Bestattung unter Bäumen und mehr. Durch die intensive Zusammenarbeit mit Stadtbürgermeister, städtischen Gremien, Bauhof, LBM und Stammunternehmern ist so ein effektiv arbeitendes Netzwerk entstanden, welches qualitativ hochwertige Arbeitsergebnisse gewährleistet. Der Arbeitsalltag ist dabei geprägt von einer guten Mischung zwischen Innen- und Außendienst, was die Arbeit besonders abwechslungsreich gestaltet.
Wie lautet ihr ganz persönliche Arbeitsphilosophie?
Ewald Michels: Die Bewirtschaftung des Stadtwaldes Gerolstein ist nicht auf höchste Holzmassenproduktion ausgerichtet, sondern auf die Erziehung stabiler, wertvoller, dicker Einzelbäume und auf eine möglichst natürliche Verjüngung des Waldes. In den 30 Jahren Tätigkeit im Forstrevier Gerolstein habe ich diese Vision täglich gelebt und somit naturnahe und vorratsreiche Wälder gestaltet, welche intensiv von natürlich aufwachsenden Pflanzen als Naturverjüngung durchzogen sind und dem Klimawandel der letzten Jahre in weiten Teilen widerstehen konnten. Die bis 350-Jahre alten Eichen, welche über den gesamten Gerolsteiner Wald verteilt sind, bilden hier das besondere und zentrale Gerüst mit einer typischen Gerolsteiner Waldnote.
Welche Verfahren haben Sie angewendet?
Ewald Michels: Bei der Nutzung von Käferholz und Bäumen mit Trockenschäden habe ich schwerpunktmäßig nur unmittelbar abgängige Hölzer entnommen und die Restfläche intensiv beobachtet, um eine Kahlschlagswirkung zu verhindern. Junge Bäume können so auf natürlichem Wege im Schutz des umgebenden Altholzes aufwachsen. Ein notwendiges Einbringen von Pflanzschulbäumen sollte in jedem Fall die Ausnahme darstellen und der natürlichen Verjüngung untergeordnet sein. Nicht selten werden Pflanzen in der Pflanzschule unterschnitten und das Wurzelwachstum ist gehemmt. Voraussetzung für ein solches Vorgehen ist, dass wir die ökologischen Besonderheiten des Waldes erkennen und dem Wald genügend Zeit geben um durch natürliche Regeneration Selbstheilungskräfte zu entwickeln. Auf natürlichem Wege ist so die Verjüngung von zahlreichen und verschiedenen Baumarten gewährleistet und eine möglichst umfassende Struktur aufgebaut, die dem eingetretenen Klimawandel entgegenwirken kann. Im Forstrevier Gerolstein kommen 35 verschiedene Baumarten vor, welche eine ökologische Stabilität gewährleisten sollen. Insgesamt sind im Stadtwald Gerolstein so auf natürlichem Wege über 1000 Hektar Nachwuchsflächen entstanden, die im Schutz der Altbestände aufwachsen.
Wo lagen die größten Probleme?
Ewald Michels: Die Entwicklung dieser Waldstrukturen war nur mit erheblichen Veränderungen des Jagdsystems und der Anpassung der Wildbestände möglich. Dies hat den handelnden Personen sehr viel abverlangt und zu erheblichen Spannungen mit persönlichen Anfeindungen geführt. Da angepasste Wildbestände unabdingbare Voraussetzung für einen vielfältigen Waldbau sind, hat sich dieser Einsatz gelohnt und den Aufbau eines strukturreichen Waldes gewährleistet.
Wie stehen Sie zu Wild und Jagd?
Ewald Michels: Wild gehört zum Wald. Eine trophäenorientierte Hobbyjagd ist meines Erachtens ebenso zu verurteilen, wie der Versuch das Wild aus dem Wald zu verbannen. Die Jagd ist ein Handwerk und sollte effektiv und nachhaltig von Spezialisten in kurzen Jahresintervallen durchgeführt werden, um den unumgänglichen Jagddruck zu vermindern.
Welches Fazit ziehen Sie rückblickend?:
Ewald Michels: Die Arbeit in einem dynamischen System, wie dem Gerolsteiner Stadtwald, stellt die Parallele zu meinem Privatleben dar. Als passionierter Trail- und Wanderreiter erlebe ich die Natur gemäß dem Spruch: Der Weg ist das Ziel. In der Bewirtschaftung des Waldes ist ebenfalls der Weg das Ziel, da wir im Wald den Ertrag unserer Vorgänger ernten und ein immer in Bewegung befindliches Ökosystem den Nachfolgern hinterlassen. Wir sind gezwungen, auch für zukünftige Generationen Verantwortung zu übernehmen. Dieser Gedanke hat mich in meiner täglichen Arbeit motiviert und verlangt stetige Disziplin und Flexibilität bei einer frei zu gestaltenden Tätigkeit zum Wohle der Gesellschaft.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Ewald Michels: Ich bin dankbar, dass ich 30 Jahre unseren Gerolsteiner Wald nachhaltig pflegen, weiter aufbauen und gestalten durfte. Ich wünsche mir, dass trotz Klimaveränderungen, Ressourcenknappheit und Veränderungen gesellschaftlicher Strukturen, unser Gerolsteiner Wald in seinen dauerwald-artigen Strukturen so vielfältig erhalten bleibt.