Die Eifeler haben ein Sprichwort für Orte, an denen nichts los ist. „Hier herrscht Betrieb wie auf dem Hüttinger Bahnhof“, heißt es dann. Tatsächlich ist an dieser Station in der Regel tote Hose. Keine zehn Menschen steigen täglich in Hüttingen an der Kyll ein.
Doch das ist auf der Eifelstrecke keine Ausnahme. Denn die Zahl der Passagiere ist allgemein recht bescheiden. Nach Daten des Zweckverbands Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Nord (SPNV) nutzen täglich weniger als 1000 Menschen die Züge, die zwischen Süd- und Vulkaneifel unterwegs sind.
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Denkmalschutz auf der Schiene
Wenn schon nicht technisch, so doch wenigstens architektonisch, hat die Eifelstrecke zwischen Trier und Gerolstein einiges zu bieten. Denn im Kylltal befindet sich so mancher denkmalgeschützter Bahnhof und Bahntunnel. Die meisten von ihnen wurden im frühen 19. Jahrhundert errichtet. So sieht manche Station heute noch aus wie ein kleines Schlösschen, etwa die Bahnhofshallen in Speicher, Philippsheim, Erdorf und Kyllburg. Aber auch mancher Sandstein-Tunnel, durch den die Eifeler Bahn fährt, so zum Beispiel in Auw an der Kyll, Wilsecker und Metterich, macht einiges her.
Der Verkehr brummt erst ab Gerolstein, wo mehr als 500 Menschen am Tag abfahren. Die meisten Haltepunkte vor der Stadt aber werden weitestgehend links oder rechts der Gleise liegengelassen.
Dabei hätten die 163,5 Kilometer zwischen Köln und Trier durchaus Potential, glaubt der Trierer Verkehrsexperte Heiner Monheim: „Mit einem Bus-Schiene-Konzept und der Wiedereröffnung der Eifelquerbahn könnte die Strecke touristisch genutzt werden.“ Ebenso sei sie für den Güterverkehr von Bedeutung. Die Voraussetzung allerdings: Dass man investiert, Angebote besser verknüpft und bewirbt. Der Forscher geht sogar so weit: „Durch ein modernes Konzept könnte man die Zahl der Fahrgäste mehr als verdoppeln.“ Nötig wäre dafür aber zunächst ein Umdenken bei politischen Planern: „Jahrelang haben die vom Auto aus gedacht. Der Öffentliche Nahverkehr blieb auf der Strecke.“ Doch nun, da Klima- und Umweltschutz dringlicher werden, und der Individualverkehr zunehmend in Verruf gerate, seien neue Lösungen gefragt.
Seine Ideen, um die Eifelstrecke zu beleben: Statt Dieselzüge müssten Elektrotriebwagen rollen. Das sei längst ohne teure Oberleitung möglich. Desweiteren plädiert Monheim für die Einrichtung neuer Haltepunkte an allen die Strecken begleitenden Gewerbegebieten. Und: eine Wiederbelebung der Eifelquerbahn zwischen Gerolstein und Kaisersesch, die Fahrgäste zu den Knotenpunkten bringen würde.
Letzteres scheint nicht länger unmöglich. Denn bald will der SPNV Nord eine Wiedereröffnung der stillgelegten Eifelquerstrecke prüfen lassen. Und angesichts der Ankündigung der Bundesregierung, die Reaktivierung stillgelegter Strecken mit Milliarden zu fördern, stehen die Chancen auch für andere Schienenprojekte besser denn je.
Die Planungen neuer Haltepunkte entlang des Kylltals hat dies aber offenbar nicht vorangetrieben. Zwar, erklärt ein Sprecher des SPNV Nord, würden „derzeit Potentiale für neue Stationen ermittelt“. An der Eifelstrecke seien aber „keine Kandidaten identifiziert worden“.
Dabei ist auch laut Monheim die Unzugänglichkeit der Bahnhöfe ein Problem. Und: Dass entscheidende Orte gar nicht angebunden sind: „Da fahren Regionalbahnen ohne Halt an Gewerbegebieten und neuen Wohngebieten vorbei.“
Die Speicherer etwa müssen rund eine halbe Stunde Fußweg bis zu den Gleisen im Kylltal laufen. Der Bitburger Bahnhof liegt ebenfalls nicht in der Innenstadt, sondern im Stadtteil Erdorf. Immerhin steigen dort täglich 160 Leute ein, in Speicher 110. Doch es könnten viel mehr sein, sagt Monheim, wenn man die Bahnhöfe aus den Städten besser mit Bussen anbinden, und da, wo noch Schienen liegen, vertaktete Stichbahnen einsetzen würde.
Die Gleise zum ehemaligen Bitburger Bahnhof in der Saarstraße etwa liegen noch. Nur gehören die seit 2015 nicht mehr der Bahn, sondern dem Stromversorger Amprion. Statt Passagierzüge rollen dort ein paar mal im Jahr Transformatoren zum Umspannwerk Niederstedem.
Ähnliches ist überall in der Provinz passiert. Bahngleise wurden abgebaut und zugunsten von Radwegen stillgelegt. Etliche Nebenverbindungen der Eifelstrecke – etwa von Bitburg über Irrel nach Trier, oder von Jünkerath nach Aachen – gingen in den vergangenen Jahrzehnten verloren.
Für Monheim ist es zum Beispiel „ein Unding“, dass Prüm von der Schiene abgeklemmt wurde. Eine Verbindung zwischen Gerolstein, über die Abteistadt, nach Sankt Vith wurde durch den Abriss einer Brücke bei Lissingen zerstört. Unter anderem die Orte Schwirzheim, Willwerath, Watzerath, Pronsfeld und Bleialf sind seitdem vom Netz abgeschnitten.
Und auch auf der bestehenden Linie Trier-Köln hält der Zug seltener. Regulär stoppt die Regionalbahn nur in Auw an der Kyll, Speicher, Erdorf, Kyllburg und Sankt Thomas. Philippsheim, Hüttingen, Usch-Zendscheid, Densborn, Mürlenbach und Birresborn sind Bedarfshalte.
Diese sollen laut SPNV Nord eine Zeitersparnis bringen. Fahrpläne könnten leichter eingehalten werden. Und tatsächlich sind Verspätungen zurückgegangen. Derzeit seien Züge auf der Eifelstrecke zu 90 Prozent pünktlich, heißt es.
Noch pünktlicher und schneller könnte die Bahn allerdings werden, wenn eingleisige Passagen im Kylltal beseitigt würden. Oder wenigstens mehr Kreuzungspunkte für Begegnungsverkehr geschaffen würden. Konkrete Pläne dafür gebe es allerdings derzeit nicht, schreibt ein Sprecher des Zweckverbandes Schienenpersonennahverkehr.
Was hingegen nicht vom Tisch zu sein scheint, ist eine Elektrifizierung. Der SPNV Nord setze sich dafür ein, dass die Strecke aus Richtung Euskirchen zumindest bis Gerolstein eine Oberleitung bekommt. Die Planungen befänden sich allerdings „im Anfangsstadium“.
Mit einer Elektrifizierung zwischen Trier und Gerolstein wird es hingegen bis 2030 wohl nichts werden. Das Projekt ist bei Beratungen zum Bundesverkehrswegeplan „nach Erstbewertung ausgeschieden“. Zuvor hatten Bund und Land bereits eine entsprechenden Resolution des Kreistags Bitburg-Prüm abgelehnt (der TV berichtete).
Quelle:
Trierischer Volksfreund hier