Endlich ist Tag der Premiere des „Medicus vom Orient“ gekommen. Die Burgschauspieler haben eine monatelange Vorbereitungs- und Probezeit hinter sich. Regisseurin Sandra Kalmes hat viel Herzblut in die ‚Neuinterpretation‘ des Stückes investiert . Die Zeitreise ins mittelalterliche Gerolstein kann starten.
Samstagmorgen regnet es Bindfäden . Jeder der Gerolsteiner Burgschauspieler hat die Wetter-App im Blick. Am Nachmittag klart es langsam auf und Hoffnung auf ein Gelingen der Premiere der Freilichtaufführung auf der Löwenburg wächst. „Wir spielen!“, heißt es dann zur großen Freude aller Beteiligten von Regisseurin Sandra Kalmes und Pressesprecherin Diana Stump. Die Wetter-App zeigt Regenwahrscheinlichkeit 50% – also fifty:fifty-Chance, dass es trocken bleibt.
Eine gute Nachricht für die Mitglieder der Hilfsorganisation Eifellicht. Sie haben gemeinsam mit dem Musikverein Büdesheim für das leibliche Wohl der Theaterbesucher zu sorgen – Grillgut und Getränke geordert. Die Hilfsorganisation hat 35 Gäste des Sozialkaufhauses „Kleider und Mehr“ aus Bernkastel eingeladen. Mit Bus sind die Unterstützer von Eifellicht-Hilfsprojekten von der Mosel nachmittags in Gerolstein eingetroffen. Im ‚Forsthaus Kasselburg‘ stört der Regen nicht. Die dortige Wasserorgel begeistert. Nach einem Besuch der „schönsten Evangelischen Kirche Deutschlands“, der Erlöserkirche, mit denen TW Frank Reuter und Wolfgang Bonefas die ‚helfenden Hände‘ belohnt , soll der Premierenbesuch der Burgschauspieler-Freilichtaufführung auf der Löwenburg der Höhepunkt des Tages sein.
Es sieht gut aus. Zwei Stunden ist es schon trocken geblieben. An der Kasse begrüßen Margret Tombers und Rainer Roos: „Unser Herz schlägt für die Burgschauspieler! 177 Karten wurden für heute verkauft“. „Die Nachmittagsvorstellung am morgigen Sonntag ist sogar ausverkauft!“, freut sich Schatzmeisterin Yvonne Bungartz.
Die Vulkaneifler zeigen sich wetterfest – nur wenige Stühle bleiben unbesetzt. Vor der imposanten Ruine der Löwenburgmauer versetzt das farbenfroh gestaltete Bühnenbild von Romy Leschke in mittelalterliche Atmosphäre. Einte tolle Kulisse haben die Bühnenbauer Sven Eckhardt, Peter Schommers, Markus Schommers, Thomas Krämer und Albert Hens geschaffen. Souffleuse Judith Kästner-Hontheim hat ihn ihrem Kasten Platz genommen. Tontechniker Frank Kalmes stimmt mittelalterlicher Musik an. Ein Schmied ( Uli Schilling) schmiedet im Takt ein Eisen.
Jetzt betritt der Medicus (Gerd Knieps) mit Assistentin Josephine (Carina Kadler) und dem Lockvogel Leopold (Gerald Kraheck) die Bühne. Deren ‚Morgenstund hat kein Gold im Mund‘. Nach unbequem verlaufenem Schlaf hagelt es gegenseitige Vorwürfe zur gestörten Nachtruhe. Aber jetzt gilt es zusammen zu halten, um dem Gerolsteiner Volk das Geld aus der Tasche zu ziehen. Für das Vorgauklen, mit dubiosen Salben, Tropfen und dergleichen Leiden heilen zu können, bleibt nur wenig Zeit. Das Gerolsteiner Bergvolk ist nicht dumm. Es könnte also gefährlich werden. Durch das Gekeife der Bäuerinnen auf dem Marktplatz ( Simone Offermanns, Katharina Utters, Doro Bohr-Schneider) sind auch das Fürstenpaar Siegesmund und Sieglinde zu Hohenzinken (Andy Oehms und Diana Stump) in Begleitung ihres Ritters (Ralph Theveßen) herbeigeeilt. Bürgerinnen (Claudie Warda und Tanja Nettekoven) und Bürger (Rene Göbels) mischen sich ins Geschehen auf dem Marktplatz ein. Die Szene beginnt lustig und spannend.
Mit der ersten Behandlung des Medicus – die allerdings „getürkt“ ist um die Eifelbauern zu beeindrucken und dem Tod auf dem Scheiterhaufen zu entgehen, erschallt planmäßig ein dumpfes Donnergrollen. Der Ritter richtet die Faust zum Himmel und ruft: „ Es wird doch jetzt nicht noch anfangen zu regnen“ – als hätte er es heraufbeschworen, öffnet der Himmel live die Schleusen. Die ersten Regentropfen prasseln. Zuschauer hüllen sich geschwind in Regen-Capes. Der Himmel zeigt kein Erbarmen. Schirme werden unter Protestrufen der hinteren Reihen geöffnet. Schauspieler halten noch einige Minuten tapfer durch. Es bilden sich Pfützen auf der Bühne. Die Darsteller bekommen realistisch ‚nasse Füße‘ und dabei bleibt es nicht. Regenmassen gibt der Himmel frei. Alle sind schnell „Nass wie die Katz“ bis auf die Untergewandung, wie man im Mittelalter die Unterhosen nannte. Die langen Kleider der weiblichen Darstellerinnen werden durch Nässe vollgesogen, schwer und schwerer .
Der Medicus will seine Behandlung erst um zehn Minuten verschieben...aber die Zuschauer flüchten sich zum größten Teil in den Burggraben. Dort hat der Verein Eifellicht vorsorglich einige Zelte mit Sitzplätzen aufgebaut.
Statt Premieren-Feier gibt es eine „Regen-Party“. Es wird gelacht und gescherzt. Das Publikum zeigt sich mit Eifellicht solidarisch und würdigt die Anstrengungen der Hilfsorganisation, Bewirtung zur Finanzierung von Hilfstransporten nach Rumänien und die Ukraine anzubieten. Vorsitzender Thiel: „Wir können ja schon vieles organisieren, vieles machbar machen...aber auf das Wetter haben wir noch keinen Einfluss.“ Gäste lassen sich saftige Schwenksteaks und leckere Grillwürstchen für den guten Zweck schmecken. Diese Aufführung ist zwar ins Wasser gefallen – aber hat nicht die Besucherlaune verhagelt. So wird das ein oder andere Bier, der ein oder andere Sekt auch mit einer Brise Enttäuschung, Schnaps als Vorbeugung gegen Erkältung, getrunken.
Die Schauspielerinnen machen sich Sorgen, ob die klatschnasse Theater-Kleidung wieder bis zur nächsten Aufführung Sonntagmittag getrocknet sei. „Tut sie bloß nicht in den Wäschetrockner, die Sachen laufen euch ein“ rät Ralph Theveßen fachmännisch ab: „trocknertaugliche‘ Gewänder gab es im Mittelalter noch nicht“.
Wir sind jedenfalls neugierig und wollen unbedingt berichten, wie das Stück weitergeht. Als Kinder treten Anna Kalmes und Chiara Hoffmann auf. Auch Ottilie ( Susanne Habermann Roumen), Franz (Markus Schommers), Wirtin (Yvonne Bungartz), die Wachen (Valentin Frolov und Ayman Kalai) Scharfrichter (Jürgen Hey) und Händler (Frank Kalmes) kommen noch zum Einsatz.
Es verspricht weiter lustig zu werden. Wie gesagt, heute am Sonntag ist ausverkauft... und alle, die am Samstag nicht zu Ende schauen konnten, sind herzlich zu den nächsten Aufführungen eingeladen!