Gerolsteiner Sprudel – das Wasser mit Stern !
Die Geschichte des heute erfolgreichsten Mineralbrunnens Deutschlands und Marktführers „Gerolsteiner“ begann 1888 an der heutigen Brunnenstraße in Gerolstein. Hier entstand als drittes Mineralbrunnenunternehmen am Ort die „Gerolsteiner Sprudel W. Castendyck GmbH“.
Bis 1907 kamen drei weitere Unternehmen hinzu, so dass Gerolstein die Stadt mit den meisten Brunnenbetrieben war. Zwei Betriebe existierten nur wenige Jahre („Gerolsteiner Urquell“) bzw. wenige Jahrzehnte („Hansa-Sprudel“). Die übrigen Unternehmen fusionierten nach und nach mit dem „Gerolsteiner Sprudel“ (Gerolsteiner Brunnen W. Flamm / 1954, Schlossbrunnen Gerolstein-Pelm / 1969, Gerolsteiner Flora-Brunnen / 1984.) 1988 erfolgte die Umfirmierung in „Gerolsteiner Brunnen GmbH & Co KG“.
Wilhelm Castendyck (1824-1895) war Geologe und Bergwerksdirektor; er verfügte über ausgezeichnete geologische Kenntnisse, insbesondere auch die Eifel betreffend. Er vermutete, dass es um Gerolstein mehrere größere Kohlensäurevorkommen geben müsse. Das Interesse an der Gewinnung von Kohlensäure war begründet in der stetig fortschreitenden industriellen Nachfrage nach diesem Rohstoff.
1887 veranlasste Wilhelm Castendyck eine erste Probebohrung nahe der Kyll. In einer Tiefe von rd. 100 m stieß die Bohrung auf ein großes Mineralwasservorkommen. Plötzlich bracht mit hohem Druck ein Wasserstrahl hervor, der wohl eine Höhe von 30 – 40 Meter maß. Castendyck beschreib den Aufschluss als „anfangs geysirartige Ausbrüche, die erst nach mühsamer Fassung zum geregelten Abfluss gebracht werden konnten“. Ähnliches hatte sich wenige Jahre zuvor auf dem benachbarten Grundstück ereignet, als der Unternehmer Rudolf Ehrenfried Buse („Flora-Brunnen“) bei der Suche nach Kohlensäure ebenfalls auf mineralisiertes Wasser gestoßen war.
Wilhelm Castendyck entschied sich, neben der Kohlensäure auch das vorgefundene Mineralwasser zu vermarken. Im Dezember 1887 ließ er einen notariellen Vertrag mit der Gemeinde Gerolstein beurkunden, die ihm ein Wegerecht und die kommerzielle Nutzung der erbohrten Quelle sicherten. Zum 01. Januar 1888 gründete er eine GmbH mit dem Geschäftszweck Sprudel und Kohlensäure zu vertreiben.
Einige Monate später ließ sich Castendyck vom Bürgermeister der Gemeinde genehmigen, den im Gerolsteiner Wappen enthaltenden schwarzen Löwen für seine Sprudelmarke verwenden zu dürfen. Der rote Stern mit dem schwarzen Löwen ist seither das unverwechselbare Markenzeichen für „Gerolsteiner“.
Die ersten Jahre nach der Betriebsgründung waren sehr erfolgreich. Bereits 1890 veräußerte Wilhelm Castendyck sein Unternehmen an die Familien Freiherr von Barnekow (Altmarrin), Sholto Graf Douglas (Ralswiek auf Rügen) und von Grumme-Douglas (Berlin). Unter dem Geschäftsführer Ernst Körber, der das Unternehmen von 1891 – 1927 leitete, wuchs der Absatz rasant, so dass weitere Quellbohrungen notwendig wurden. Im Juni 1908 kam es bei einer Bohrung zu einem starken Quellausbruch, ähnlich dem des Jahres 1887. Die Wasserfontäne soll über 20 m hoch gewesen sein und erst nach vier Tagen konnte das austretende Wasser gebändigt und die Quelle allmählich der Produktion zugeführt werden.
Unterlagen des historischen Unternehmensarchivs lassen darauf schließen, dass der Gerolsteiner Sprudel vor 1914 mindestens 10 Haupt- und Nebenquellen für seine Mineralwassergewinnung nutzte.
Auf dem Betriebsgelände zwischen Kyll und heutiger Brunnenstraße entstanden nach und nach eine ganze Reihe von Produktions- und Lagerhallen sowie ein dreigeschossiges, repräsentatives Verwaltungsgebäude. Der Vertrieb war bereits 1895 nach Köln verlegt worden, um eine enge Bindung an das Hauptvertriebsgebiet im Rheinland und an die dort ansässigen Vertreter zu bewirken.
Zu Beginn des 2. Weltkrieges war das Unternehmen gut 50 Jahre alt. Die bis dahin sehr positive Entwicklung wurde mit Beginn des Krieges empfindlich gestört. Bombenangriffe, die Ende 1944 auf Gerolstein und den Bahnhof geflogen wurden, zerstörten auch die Betriebsstätten des Gerolsteiner Sprudel und des benachbarten Flora-Brunnens völlig.
Direkt nach dem Krieg begann an bisheriger Stelle der Wiederaufbau der Produktions- und Lagerstätten, die im Laufe der kommenden Jahrzehnte immer wieder erweitert und modernisiert wurden. Zuletzt waren die Abfüllanlagen und das Vollgutlager in einer langgestreckten Halle (ca. 240 x 45 m) entlang der Kyll untergebracht. Zur Brunnenstraße hin war die Außenwand sehr markant mit blauen und roten Kacheln gestaltet – ein Blickfang für Ankommende und Durchreisende am Ortseingang von Gerolstein.
Direkt an der Brunnenstraße, an der Einfahrt zum Betriebsgelände, befand sich über einige Jahrzehnte ein kleines Pförtnerhaus. Bis ca. 1980 konnten sich die Gerolsteiner Bevölkerung und die Gäste der Stadt an einem kleinen Brunnen mit „Sprudel“ versorgen. Dieses kostenlose Angebot ging zurück auf den notariellen Vertrag von 1887, in dem sich W. Castendyk - auch für seine Rechtsnachfolger - verpflichtete, der Gerolsteiner Bevölkerung Mineralwasser kostenlos zur Verfügung zu stellen (genaue Formulierung aus dem Vertrag übernehmen?).
Diese „Verpflichtung“ wurde ab ca. 1980 vom Gerolsteiner Brunnen mit der Errichtung und dem Betrieb eines „Quellpavillons“ zwischen Brunnenplatz und Rathaus wahrgenommen. Heute unterhält der Gerolsteiner Brunnen eine öffentliche „Zapfstelle“ im Kyllpark (an der Holzbrücke gegenüber dem Rathaus).
Anfang der 1970iger Jahre errichtete der Gerolsteiner Sprudel ein neues Verwaltungsgebäude; der moderne Stahlbeton-Skelettbau wurde 1973 fertiggestellt. Die Adresse Brunnenstraße 1 lag außerhalb des großen „Sprudelgeländes“. Zwischen den Produktions- und Lagerhallen und der Verwaltung des „Sprudels“ lag das Gelände des „Flora-Brunnen“, der hier etwa zu gleicher Zeit den Neubau seiner Betriebsstätte durchführte.
1984 fusionierte der Gerolsteiner Sprudel mit dem Flora-Brunnen; das neu gegründete Unternehmen erhielt später den Namen „Gerolsteiner Brunnen“. Mit dieser sog. „Elefantenhochzeit“ erfolgte der Zusammenschluss der beiden letzten und großen Gerolsteiner Mineralbrunnen, die sich zuvor über viele Jahrzehnte in einen heftigen Wettbewerb gegenüberstanden.
Mit dem Zusammenschluss gingen auch die vom „Flora“ wenige Jahre zuvor errichteten Produktionsstätten im Gerolsteiner Gewerbegebiet in das neue Unternehmen über. Nach der Erschließung einer großen Erweiterungsfläche im Gewerbegebiet durch die Stadt baute der Gerolsteiner Brunnen dort seine Produktionsstätte über Jahrzehnte immer weiter aus. Parallel dazu wurde Produktion am alten Standort zurückgefahren und die Betriebsstätten des ehem. „Flora“ und des „Sprudels“ an der Brunnenstraße nach und nach aufgegeben. Auch die Verwaltung des Unternehmens konnte 19__ in ein neues Gebäude im Gewerbegebiet umziehen. Das Verwaltungsgebäude an der Brunnenstraße 1 ging an das Straßenbauamt Gerolstein / heute Landesbetrieb Mobilität über.
Einige Jahre nach der endgültigen Stilllegung des Betriebsstandortes an der Brunnenstraße wurden die alten Produktions- und Lagerhallen im Jahre 2016 abgebrochen.
Auf dem Gelände befinden sich heute noch einige wichtige Quellen. Zu ihrem Schutz blieb die Bodenplatte der früheren Produktionshallen erhalgten. Ebenfalls aus Gründen des Quellschutzes wird eine künftige Nutzung des Geländes für bauliche Zwecke weitgehend ausgeschlossen.
In dem ehemaligen „Flora-Gebäude“ bzw. in den großen Tanks direkt davor ist die sog. “Mineralwasser-Zentrale“ untergebracht. Von hier aus wird das Mineralwasser über eine Pipeline zu den Abfüllanlagen im Gewerbegebiet gepumpt.
Das historische Unternehmensarchiv des Gerolsteiner Brunnen befindet sich ebenfalls in dem verbliebenen Gebäude an der Brunnenstraße.
Quellen:
Stadtarchiv Gerolstein
Schriften des Gerolsteiner Brunnen