Kino früher – Linde-Lichtspiele
„Wir rasten sonntags nach Christenlehre und Andacht im Galopp runter ins Kino, um ja die Vorstellung um 15.30 Uhr nicht zu verpassen“, sagt der Gerolsteiner Franz-Josef Nett. Manchmal habe der Pfarrer auch absichtlich überzogen, glaubt er. Ohnehin habe die Kirche damals noch großen Einfluss gehabt.
So sei der Aufschrei groß gewesen, als im Linde-Lichtspiel Gerolstein Filme wie „Das Schweigen“ von Ingmar Bergmann gezeigt wurde. Dieses schwedisches Drama hatte 1963 wegen seiner Sex-Szenen für einen wahren Skandal gesorgt. Davor wurde in Gerolstein – und nicht nur dort – auch mal von der Kanzel herunter gewarnt und verboten, wenn ein Film zu „freizügig“ war, so Nett. Der ehemalige Gymnasiallehrer erinnert sich daran, dass das Stadttheater Trier im Linde-Lichtspiel Opern und Operetten aufführte wie „Der Wildschütz“ von Albert Lortzing. Auch von einem eleganten Platzanweiser im Gehrock weiß er zu berichten.
Nach Netts Recherchen richtete Johann Baptist Crump 1921 das Lichtspieltheater in der Bahnhofsstraße ein. 1971 wurde das Kino, wie so viele in der Eifel, geschlossen. Bleibt zu hoffen, dass es nicht noch mehr werden, die für immer ihre Türen schließen.
Aus: TV im Interview mit Gymnasiallehrer Franz Nett