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Antrag der Grünen im Stadtrat

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Foto: Clara Zins-Grohe

TOP 6: Antrag Bündnis 90/Die Grünen - Pestizidfreie Kommune Vorlage: G-0024/19/12-076


Antrag der Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen: Pestizidfreie Kommune


Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen haben folgenden Tagesordnungspunkt beantragt:


Für den von uns beantragten Tagesordnungspunkt "Pestizidfreie Kommune" in der nächsten Sitzung des Stadtrates stelle ich für die Grüne Fraktion den folgenden Antrag:
Der Stadtrat beschließt
1. Ab dem Jahr 2020 werden auf allen kommunalen Flächen (Kulturland sowie Nichtkulturland) keine chemisch-synthetischen Pestizide (Pflanzenschutzmittel) eingesetzt.
2. Private Dienstleistungsunternehmen, die den Auftrag zur Pflege öffentlicher Flächen erhalten, werden ebenfalls ab dem Jahr 2020 zu einem Pestizidverzicht verpflichtet.

3. Bienen- und insektenfreundliche Blühflächen oder Projekte werden angelegt. Hierzu werden für die nächste Sitzung des Umweltausschusses konkrete Vorschläge seitens der Verwaltung vorgestellt.
4. Bei der Verpachtung kommunaler Flächen für eine landwirtschaftliche Nutzung wird ein Verbot des Einsatzes von Pestiziden in allen Pachtverträgen verankert.
5. Ebenso wird in den Pachtverträgen für kommunale Flächen geregelt, dass auf diesen Flächen ausschließlich Gülle, die im Betrieb des Pächters anfällt, ausgebracht werden darf.
6. Darüber hinaus wird dem Umweltausschuss zu seiner nächsten Sitzung eine Liste aller kommunaler Flächen die im Einzugsgebiet von Trinkwasser oder Mineralwasserquellen liegen, zur Verfügung gestellt. Der Ausschuss wird auch über die Entwicklung des Nitratgehalts dieser Quellen in den letzten 10 Jahren informiert. Der Ausschuss entscheidet an Hand dieser Informationen dann über notwendige weitergehende Auflagen in den Pachtverträgen. Bis zu dieser Entscheidung werden ab sofort keine neuen Pachtverträge abgeschlossen bzw. verlängert.
7. Die Bürger*innen werden über die Bedeutung von Biodiversität in der Stadt informiert und gleichzeitig Möglichkeiten zum Schutz von Bestäubern wie Bienen und Wildbienen sowie giftfreie Maßnahmen beim Gärtnern aufzeigt.


Begründung


In Städten und Gemeinden werden Pestizide eingesetzt, um Wege in Parks, Sport- und Spielplätze, Grünanlagen oder Straßenränder frei von unerwünschten Kräutern und Gräsern zu halten oder um gegen ungeliebte Insekten vorzugehen. Viele der Mittel stehen im Verdacht, Krebs zu erregen, die Fortpflanzung zu schädigen oder eine hormonelle Wirkung zu haben. Auf öffentlichen Flächen wie beispielsweise Sport- und Spielplätzen können die Wirkstoffe in direkten Kontakt mit den Bürger*innen kommen. Insbesondere für Kinder und Schwangere ist das eine Gefahr. Auch Haustiere wie Hunde und Katzen sind den Stoffen schutzlos ausgeliefert.


Für viele Tier- und Pflanzenarten im städtischen Raum sind Pestizide ein Verhängnis. Denn nicht nur die unerwünschten Wildkräuter und Insekten werden beseitigt, sondern auch Honigbienen, Wildbienen, Schmetterlinge und Fledermäuse. Entweder töten und schädigen Pestizide Insekten oder Wildkräuter direkt oder sie dezimieren ihren Lebensraum und ihre Nahrung. Von den fast 600 Wildbienen-Arten in Deutschland steht rund die Hälfte auf der Roten Liste. Dabei sind blütenbesuchende Insekten unentbehrlich für die Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen. Sie erhalten die Pflanzenvielfalt und sichern landwirtschaftliche Erträge und damit unsere Ernährung. Laut Welternährungsorganisation sind weltweit rund zwei Drittel unserer Nahrungspflanzen auf Bestäuber angewiesen. In Städten und Gemeinden sichern Honigbienen, Wildbienen und Schmetterlinge den Kleingärtnern eine gute Obsternte und den Stadt-Imkern reichlich Honig.
Weltweit und auch in Deutschland erleben wir einen zunehmenden Verlust der Artenvielfalt. Grund dafür ist vor allem die intensive Landwirtschaft. Dort dominieren meist Monokulturen, die intensiv mit Pestiziden gespritzt werden. Hecken oder Blühflächen, als Rückzugsgebiete und Nahrung für viele Insekten, Vögel und Säugetiere fehlen oft komplett. Über 40.000 Tonnen Pestizide belasten jährlich in Deutschland die Umwelt, Tendenz steigend. Das Ziel der Nationalen Biodiversitätsstrategie, den Verlust von Arten zu stoppen, kann mit dem aktuellen Pestizideinsatz nicht erreicht werden.

Siedlungsgebiete sind oft letzte Rückzugsorte für bedrohte Arten, die in der Agrarlandschaft keinen Lebensraum mehr finden. Kommunen können hier Verantwortung und eine Vorreiterrolle für den Artenschutz übernehmen, indem sie bei der Flächenpflege keine Pestizide einsetzen. Auch für die menschliche Gesundheit, die Lebensqualität und den Tourismus ist der Pestizidverzicht ein Gewinn. Bundesweit über 50 Städte sind bereits ganz oder teilweise pestizidfrei, einige von ihnen sogar schon seit über 20 Jahren. Die möglichen Maßnahmen sind vielfältig. So werden Flächen mit mehrjährigen Stauden bepflanzt, die Insekten ein ganzjähriges Blütenangebot und damit Nahrung und Lebensraum schaffen. Frühzeitiges Reinigen von Verkehrsflächen und planerische Weitsicht bei der Bebauung sind wichtige Elemente, um einen zu starken Bewuchs zu verhindern. Alternativen zur Chemiekeule sind vielfältige mechanische und thermische Verfahren. Besonders wichtig ist dabei immer die Kommunikation mit den Bürger*innen, um die notwendige Akzeptanz zu schaffen.

 

Stellungnahme der Verwaltung:


Der gleichlautende Antrag wurde bereits in der Sitzung des Stadtrates am 28.08.2019 beraten und von dort an den Forst-, Wegebau-und Umweltausschuss verwiesen. In der letzten Sitzung des FWU-Ausschusses wurde die Angelegenheit nicht behandelt, sondern sollte lt. Aussage der Ausschussvorsitzenden nochmals „für die Tagesordnung der nächsten Stadtratssitzung vorgesehen werden“. Dementsprechend haben der Stadtbürgermeister und die Beigeordneten bei Festlegung der Tagesordnung für die anstehende Sitzung den Antrag nochmals aufgenommen.
Der Beschluss des Stadtrates vom 28.08.2019 beinhaltete folgende konkrete Fragestellungen / Aufträge, die in der Sitzung des FWU-Ausschusses vorgestellt werden sollten:
- Stellungnahme des Bauhofes zu den Themen: Pestizide; Bienen- und insektenfreundliche Blühflächen.
- Ermittlung des personellen Mehraufwandes für die Stadt Gerolstein aufgrund der geplanten Maßnahmen.
- Auflistung der aktuellen Pächter
- Stellungnahme der aktuellen Pächter zu den Themen Verbot des Einsatzes von Pestizide sowie der ausschließlich Verwendung von Gülle aus dem eigenen Betrieb.
- Liste aller kommunalen Flächen die im Einzugsgebiet von Trinkwasser oder Mineralwasserquellen liegen.

Dazu ist anzumerken:
Der städtische Bauhof verzichtet bei der Pflege öffentlicher Flächen seit ca. 2015 auf jeglichen Einsatz von Pestiziden.
Der Bauhof hat geprüft bzw. wird weiter prüfen und entsprechende Vorschläge machen, welche städtischen Flächen in bienen- und insektenfreundliche Grünflächen umgewandelt werden können. In den Stadtteilen werden die Ortsvorsteher in diese Überlegungen einbezogen. Nach Abstimmung mit dem Stadtbürgermeister und den Beigeordneten können diese Maßnahmen im kommenden Frühjahr umgesetzt werden. Die notwendigen Arbeiten werden mit eigenem Personal und eigenen Gerätschaften durchgeführt. Der nachfolgende Pflegeaufwand für die umgewandelten Flächen dürfte geringer sein, als bisher.

Zur Frage der Nitratbelastung für die Trink- und Mineralwasserquellen wird von Seiten der Werkleitung der VG-Werke bestätigt, dass diese Belastungen im Stadtgebiet deutlich unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte liegen. Die Werkleitung wird in der anstehenden Sitzung des Forst- Wegebau- und Umweltausschusses dazu näher informieren.
Von Seiten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird ein Beschlussantrag vorstellt, welcher an alle Ratsmitgliedern vor der Sitzung verteilt wurde. Die Fraktion äußert ihren Unmut, dass der Beschluss aus dem Stadtrat vom 28.08.2019 nicht vollumfänglich umgesetzt wurden ist und begründet darin den erneuten konkreten Beschlussantrag.

Alle Fraktionen begrüßen grundsätzlich weiterhin den eingebrachten Antrag „Pestizidfreie Kommune“. Die Stadtratsmitglieder diskutieren sachlich über den vorgebrachten neuen Beschlussantrag.

Es wird sich darauf geeinigt, den Punkt 3 des neuen Beschlussantrages an den Forst-, Wegebau- und Umweltausschuss zur Vorberatung zu verweisen. Die weiteren Punkte 1, 2 und 4 werden am heutigen Abend beschlossen.

Beschlüsse:
 Der Stadtrat beschließt den Punkt 3 zur Vorberatung an den Forst-, Wege- und Umweltausschuss zu verweisen:
3. Alle auslaufenden Pachtverträge für kommunale Flächen mit landwirtschaftlicher Nutzung werden ab sofort öffentlich für die Neuverpachtung ausgeschrieben. In allen Pachtverträgen wird ein Verbot für die Verwendung von Pestiziden auf den gepachteten Flächen verankert. Darüber hinaus wird vertraglich vereinbart, dass auf den gepachteten Flächen ausschließlich Gülle, die im Betrieb des Pächters anfällt, ausgebracht werden darf. Angebote, die für die Flächen eine Bewirtschaftung im Rahmen des Vertragsnaturschutzes zusichern, werden bei der Vergabe bevorzugt berücksichtigt.

Abstimmungsergebnis: einstimmig beschlossen

Der Stadtrat beschließt die Punkte 1, 2 und 4 des eingereichten Beschlussantrages vom heutigen Tag:
1. Der Stadtrat begrüßt, die Absicht des Bauhofs bienen- und insektenfreundliche Blühflächen anzulegen und zu pflegen. Die Bürgerinnen und Bürger sind herzlich eingeladen hierzu auch konkrete Vorschläge zu machen. Der Stadtrat erwartet bis Ende Januar 2020 eine konkrete Information, welche Flächen zu Blühflächen umgewandelt werden und welche konkreten Maßnahmen durchgeführt werden sollen.
2. Private Dienstleistungsunternehmen, die den Auftrag zur Pflege öffentlicher Flächen erhalten, werden ebenfalls ab dem Jahr 2020 zu einem Pestizidverzicht verpflichtet.
4. Darüber hinaus wird dem Umweltausschuss zu seiner nächsten Sitzung eine Liste aller kommunaler Flächen die im Einzugsgebiet von Trinkwasser oder Mineralwasserquellen liegen, zur Verfügung gestellt. Der Ausschuss wird auch über die Entwicklung des Nitratgehalts dieser Quellen in den letzten 10 Jahren informiert. Der Ausschuss entscheidet an Hand dieser Informationen dann über notwendige weitergehende Auflagen in zukünftigen Pachtverträgen. Die Bürger*innen werden über die Bedeutung von Biodiversität in der Stadt informiert und gleichzeitig Möglichkeiten zum Schutz von Bestäubern wie Bienen und Wildbienen sowie giftfreie Maßnahmen beim Gärtnern aufzeigt.

Abstimmungsergebnis: einstimmig beschlossen Enthaltung: 1

 

 

 

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