Förster können Wald lesen, aber Bäche nicht“ – diese Aussage trifft nicht auf das Team des Forstamtes Gerolstein zu. „Wir haben nicht nur das kleine ABC der Fließgewässer gelernt, sondern auch in einem Lern- und Pilotprojekt umgesetzt!“, so Forstamtsleiter Michael Schimper.
Zur fachlichen Abstimmung und als Grundlage für weitere Maßnahmen im Staats-, Kommunal- und Privatwald im Bereich des Forstamtes Gerolstein und ggf. darüber hinaus, waren rund dreißig Repräsentanten der Wasser- und Naturschutzbehörden, SGD-Nord, Kreisverwaltung Daun, Verbandsgemeinde Gerolstein, Gerolsteiner Mineralbrunnen und des Waldbildungszentrum zu einem halbstündigen Referat ins Forsthaus und anschließender Exkursion in den Pelmer Staatswald eingeladen.
Das Projekt für Fließgewässer ist für Landesforsten einzigartig.
Gewässerunterhaltung hat nichts mehr mit „dem Bäche-Putzen der fünfziger Jahre zu tun!“ Ziel ist Pflege und Entwicklung zu einem naturnahen Zustand. Starkregenereignisse und Klimawandel erfordern dringende Schutz- und Lenkungs-Maßnahmen. Doch wie sehen die Ansätze der Forstplanung aus, das Richtige zu tun?
Was ist erforderlich um die Hochwasserproblematik zu regulieren?
Expertenrat holte sich das Forstamt vom Partner- Planungsbüro Hömme GbR mit Sitz in Pölich an der Mosel, das bereits in vielen Bereichen der Stadt Gerolstein in Sachen Hochwasser- und Starkregenvorsorge tätig ist. Leiter Frank Hömme ist fokussiert auf Gewässerbetrachtung und berät Betroffene. Revierleiter Simon Goeser stellte die Umsetzung der empfohlenen Techniken an Beispielen im Pelmer Staatswald vor. In einem theoretischen Einstieg in die Materie wurde ein dringender Handlungsbedarf und schlüssiges Konzept zur Gefahrenreduzierung erörtert.
Ingenieur für Wasserbau und Wasserwirtschaft Hömme zeigte das Gebiet des Pilotprojektes anhand der neuen, online abrufbaren Starkregengefahrenkarte des Landes und präsentierte saarländische Vorsorgekonzepte. „Wenn die Bäche durch die Ortslagen rauschen, ist es zu spät, etwas zu machen“ und „Maßnahmenkombinationen sollen die Auswirkungen reduzieren“.
Bei der Begehung im Pelmer Staatswald am Michelbach erläuterte er, dass Gräben Wasser viel zu schnell talwärts transportieren. Für Bäche gilt, den Abfluss zu verlangsamen. Bei Starkregenereignissen sollen Wassermassen nicht ungebremst in die engen und eh schon überschwemmten Täler schießen. Dies ist bautechnisch meist einfach und ohne den Einsatz von Beton händelbar. Holz und Steinblöcke werden gezielt eingesetzt. Natürlich ist auch die Anpassung des klassischen Wegebaus erforderlich. Retensionsflächen, angelegte Mulden und Rigolen nehmen das Regenwasser auf und lassen es versickern.
Einfachste Maßnahme erfordert Mut
Um den wünschenswerten Zustand eines Baches zu erreichen, muss man ihn Lesen können. Manchmal bedürfen erforderliche Verbesserungsmaßnahmen kein aktives Handeln, vorausgesetzt man besitzt Wissen und Kenntnisse über mögliche Folgen - zum Beispiel durch Verbleib von Totholz. Durch Duldung und Schutz lässt man Strukturbildungen zu. Mut zum Zulassen von Prozessen, ihre Beobachtung und Bewertung sind erforderlich.
Auch beim Pilotprojekt Michelbach kamen zur Gestaltung der Fließwege und Lenkungsmaßnahmen Steine und Holz, Baumstämme und Baumkronen in Einsatz. Einige, mit natürlichen Materialien geschaffene Verlangsamungen der Bäche erinnern an Bauwerke von Bibern. Weitere waldbauliche sowie naturschutzfachliche Maßnahmen für vergleichbar wenig Geld waren Entfichtung, Einbringung von Steinblöcken, Entwicklung eines natürlichen Auebereichs mit Dämmen. Das Holzmaterial wurde vor Ort entnommen und auch für den Bau von Spundwänden genutzt.
Viele Hürden und viel Bürokratismus müssen überwunden werden
Bauliche Maßnahmen sind im vorgestellten Lern- und Pilotprojekt auf einer Länge von zehn Kilometern abgeschlossen. Jetzt muss es weiter gehen.
Naturnahe Umgestaltungen bedürfen Genehmigungen, Menpower und finanzielle Mittel. Für Gewässerausbau / Gewässerunterhaltung sind die Untere Wasserbehörde und Naturschutzbehörde zuständig. Abstimmungen mit Zertifizierungen sind zum Beispiel beim Einsatz von Schreitbaggern erforderlich. Förderrichtlinien der Wasserwirtschaftsverwaltung sind nicht ganz unkompliziert. Deshalb gilt es, Maßnahmen abzustimmen, um Potentiale zu nutzen.
Frank Hömme fasste zusammen: „Wichtig ist das Wasserrückhalt im Wald durchgeführt wird! Wichtig ist, dass wir Lösungsmöglichkeiten finden, dies effizient zu machen ohne Riesenaufwand! Und wichtig ist, dass der Forst motiviert ist, so etwas durchzuführen – so wie es hier in Gerolstein der Fall war. Aber das brauchen wir in der Fläche und wir müssen Fördermöglichkeiten haben, dass solche Maßnahmen auch flankiert werden“.
Nachgefragt:
Gerolsteiner Brunnen: Dr. Thomas Hens, Leiter Technische Entwicklung und Ressourcen in Begleitung von Johanna Lydia Oeltermann: „Derartige Maßnahmen kenne ich schon aus anderen Regionen. Ich finde sie toll und das war auch Motivation für mich heute her zukommen. Als Mitarbeiter von Gerolsteiner finde ich, dass derartige Projekte unterstützungswürdig sind. Es sind Tropfen auf den heißen Stein - aber wenn man den Tropfen nicht schafft, kann man auch keinen Bach daraus machen. Eigentlich müsste man tausende derartiger Projekte haben, um Hochwasserschutz für die Kyll und andere Flüsse sicherzustellen. Aus Gerolsteiner- Stern-Sicht: Gut und exemplarisch, dass man hier mal mit einer Maßnahme beginnt! Quatschen hilft nicht – Machen muss man! Machen muss nicht unbedingt mit viel Geld verbunden sein. Dies ist ein schönes Beispiel, wie man soetwas gut und effizient machen kann. Die Frage: Ob es zum Sponsoring passe beantwortet er, das müsse man überlegen.
Biotopbetreuer Dipl. Ing. agr. Gerd Ostermann, SGD Nord und Landesfachausschuss der Nabu äußerte sich begeistert über das Pilotprojekt. Es eröffne Möglichkeiten und sei exemplarisch was hier gemacht wurde! Jetzt gelte es, dies in die anderen Kommunen und landesweit weiterzutragen. Die gezeigten Maßnahmen sollen mehr Bewegung erzeugen, etwas einfacher und billiger zu machen.
Bei der SGD Nord Regionalstelle Wasserwirtschaft siehtMichael Junk - zuständig für Wasserhaushalt und Wasserökologie - Chancen für den Abbau von bürokratischen Hürden und Vereinfachung der Verfahren. Das Pilot-Projekt sei vielversprechend und man wäre auch dafür, dass weitere Projekte in dieser Richtung umgesetzt werden.
Jürgen Clemens, OrtsbürgermeisterDensborn : "Wir hatten vor anderthalb Jahren den ersten Termin vor Ort. Ideen sind da, was man machen könnte. Es sind Bürger im Ort, die direkt loslegen würden. Wir stehen parat, um Maßnahmen umzusetzen. Die hohen Planungskosten schrecken allerdings ab. Wenn man die Umsetzung kostengünstig durchführen könnte, käme das den klammen Kommunen entgegen."
Edgar Steffes, stellv. Fachbereichsleiter Technik VG Gerolstein „Leider übersteigen oft die Planungskosten die Baukosten.“ Bei Klein- und Kleinst-Maßnahmen seien statt umfangreicher, zeitaufwendiger Ausschreibungen eine Budgetierung aufgrund Prioritätenliste unbürokratisch.
Ralf Riske, Verbandsgemeinde Gerolstein , Abt. Bauen und Umwelt „Wasserbauliche Maßnahmen sind resultierend aus einem Hochwasser- u.Starkregenvorsorgekonzept sowie einem ökologischen Gewässerunterhaltungskonzept förderfähig. Die VG Gerolstein hat für alle Ortsgemeinden und Städte Konzepte, eingeteilt nach Betroffenheit in Cluster, beauftragt.“
Edgar Steffes, VG Gerolstein, stellv. Fachbereichsleiter Bauen und Umwelt „Leider stehen die Planungskosten bei derartigen Maßnahmen, häufig in keinem Verhältnis zu den die Baukosten. Aber ohne diese detaillierte Planung ist eine Förderung derzeit so gut wie ausgeschlossen. “Bei Klein- und Kleinst-Maßnahmen sei statt umfangreicher, zeitaufwendiger Planungen und Ausschreibungen eine Budgetierung in Verbindung mit einer Positivliste ein unbürokratischer Ansatz.
Das Resümee war, meist hakt es an der Bürokratie. Planungskosten stehen in keinem Verhältnis zu Baukosten. Die Durchführung vieler Konzepte nach Prioritätenliste würde durch eine Budgetierung mit anschließendem Mittelverwendungsnachweis erheblich erleichtert und beschleunigt. Im Forst sind die Maßnahmen flexibel . Die Maßnahmen dieses Pilot-Projektes der Wasserrückhaltung in der Fläche sind klein und schlank. – Alle blicken gespannt auf die Resonanz in Mainz – „Ob die Steine in den Weg legen?“ Hier wagte niemand ein Urteil.








































