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Ehemals „Hansa-Sprudel“ – heute Rathaus der Verbandsgemeinde

Verfasser: Hans-Josef HUNZ / Stadtarchiv

Das Gelände, auf dem sich das Rathaus der Verbandsgemeinde Gerolstein befindet, gehörte Ende des 19. Jahrhundert zu einer weitläufigen Parkanlage, die sich im Eigentum von Herrn Lieutnant a.D. Johannes Bouché befand. Neben dem – letztlich gescheiterten – Plan, die „Siddinger Quelle“, für Kurz- und Heilwecke zu nutzen und hier ein Kurhaus zu errichten, ließ Herr Bouché im Jahre 1889 erfolgreich nach Mineralwasser bohren. Eine Quelle benannte er nach dem Vornamen seiner Frau als „Charlottenquelle“. In Anlehnung an seinen eigenen Vornamen Johannes bzw. Hans gab er einer weiteren Quelle den Namen „Hansa“ und dem Mineralbrunnen und Kohlesäurewerk den Namen „Hansa-Sprudel“. Als Warenzeichen wurde am 12.05.1891 die „Hansa- und Charlottenquellen C.D.E.J Bouché in Gerolstein“ eingetragen.

 

Im Jahre 1904 starb Johannes Bouché. Der Mineralbrunnenbetrieb ging an die holländische „AG zum Betrieb von Kohlesäure- und Mineralwasserbrunnen“ in Amsterdam über unter der Firmierung „Hansa-Sprudel GmbH“. Der Hansa-Sprudel entwickelte sich nach dieser Übernahme deutlich verhaltener als die städtischen Konkurrenzbetriebe. Die gewerbsmäßige Nutzung des Mineralbrunnens wurde seit etwa 1920 nach und nach eingestellt.

 

Insbesondere in den Jahren ab 1940 bemühte sich die Gemeinde darum, das Gelände des „Hansa-Sprudel“ im Interesse der Allgemeinheit nutzen zu können. Es wurde gegenüber den holländischen Eigentümern sowie „höheren Orts“ immer wieder darauf hingewiesen, dass „der Hansa-Sprudel in hervorragender Lage unmittelbar an der Kyll liegt“. Der Sprudel werde seit 1920 nicht mehr gewerbsmäßig genutzt, so dass das Wasser „nutzlos in die Kyll fließt“.  Die Gemeinde war bestrebt, das Gelände „im Interesse der Volksgesundheit und der Volkserholung“ in ihr Eigentum zu übernehmen oder nutzen zu können,  um dort eine Erholungsstätte zu erschaffen, die „eine Zierde für den Ort“ werden sollte. Es sollte ein öffentlicher Brunnen geschaffen werden, mit mehreren Zapfstellen, um der Bevölkerung Gelegenheit  zu geben, das wertvollen Sprudelwasser zu entnehmen. Ferner sollte „in der Nähe ein Planschbecken angelegt werden, in welchem sich die Kinder in dem stark kohlensäurehaltigen Wasser tummeln können“.

 

Da die Verhandlung mit den Vertretern der holländischen Eigentümergesellschaft recht schwierig und langwierig waren, wurde mit Hinweis auf den „Kriegszustand mit Holland“ der „Reichskommissar für die Behandlung feindlichen Vermögens in Berlin“ eingeschaltet, letztlich mit der Forderung, „die holländische Gesellschaft anzuhalten, dass sie den Sprudel der Gemeinde Gerolstein sofort übereignet“ (1941).  Der Reichskommissar lehnte dies ab, weil  holländisches Vermögen mit unter die „Verordnung über die Behandlung feindlichen  Vermögens“ falle und daher eine Anweisung an die Gesellschaft zur Übereignung des Betriebes an die Gemeinde Gerolstein nicht erfolgen könne. Die Beteiligung des Reichskommissariats führte allerdings zu einer gewissen Verhandlungsbereitschaft auf Seiten der Eigentümer, die zumindest einige gestalterische Verbesserungen im Umfeld des Betriebsgebäudes vornahmen. Das Fabrikgelände selbst wollte mal nicht abgeben; die Kohlensäureproduktion sollte alsbald wieder aufgenommen werden.      

 

In den Verhandlungen mit den holländischen Eigentümern wurde von Seiten der Gemeindevertreter offenbar erheblicher Druck ausgeübt, der letztlich dazu führte, dass die Eigentümer eine Fläche von rd. 2.300 qm hinter dem Ehrenmal „unentgeltlich“ an die Gemeinde Gerolstein abgaben. Auf diesem Grundstück sollte ein „Volksgemeinschaftshaus“ errichtet werden.  Der notarielle Schenkungsvertrag wurde am 12.11.1942 geschlossen. Begünstigter und neuer Eigentümer des Grundstückes wurde allerdings nicht die Gemeinde Gerolstein, sondern die „NSDAP, Gauleitung Moselland mit Sitz in Koblenz“. Das Volksgemeinschaftshaus wurde  nie errichtet.

 

Der Betrieb des Hansa-Brunnen wurde im Jahre 1949 endgültig eingestellt.

 

Das Hauptgebäude des Hansa-Sprudel, das an der Stelle des heutigen Rathauses stand, war aus gelbem Backstein errichtet. Auffällig war eine Vielzahl von Giebeln, die an allen vier Seiten des Dachgeschosses angebracht waren. Besonders markant war ein viereckiger Turm mit einer aufgesetzten „Aussichtsplattform“ und einer hohen Spitze. Der Turm war weithin sichtbar und wurde nicht nur ein Wahrzeichen für den Hansa-Sprudel, sondern für die ganze Gemeinde.

 

In westlicher Richtung waren mehrere schlichte Fabrik- und Lagerhallen angebaut, die im Laufe der Jahrzehnte nach und nach wieder abgebrochen wurden.   

 

Nach der endgültigen Stilllegung des Hansa-Sprudel bliebt auch das Hauptgebäude lange Jahre ungenutzt. Zwischen 1961 und 1972 hatte die Fa. Geilenkothen ( Fabrik für Schutzbekleidung) ihre Produktion sowie ihre Büros in diesem Gebäude, bevor die Firma ihren Sitz in ein neu errichtetes Fabrikgebäude nach Müllenborn verlegte.

 

….. wurde das Gelände von der Stadt Gerolstein käuflich erworben. Das markante Gebäude wurde 1976 abgebrochen um die Baufläche für das neue Rathaus der Verbandsgemeinde Gerolstein zu schaffen. Das Rathaus befindet sich seit 1979 an dieser Stelle.

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